Itaipu
18 03 201116.03.2011, Tag 162
Die letzte Strecke dieser Reise wird noch einmal eine Mammut-Etappe. Da mein Flieger zurück nach Rio morgen um 6.00 Uhr geht, der erste Bus aber erst um 5.30 Uhr die halbstündige Fahrt an den Flughafen antritt und ich so gegen 4.00 Uhr mit einem Taxi fahren müsste, habe ich beschlossen auf ein Hostel zu verzichten und so die Kosten für Übernachtung und Taxi einzusparen und auf dem Flughafen zu übernachten. Damit bin ich dann knappe 30 Stunden unterwegs bis ich in Rio ankomme. Einen Bus um von Asuncion nach Ciudad del Este zu fahren habe ich auch diesmal nicht reserviert, aber es funktioniert wie gewohnt und um kurz nach acht steige ich in ein diesmal “etwas“ neueres Model als auf dem Hinweg. Der Abstecher nach Paraguay hat sich auf jeden Fall gelohnt, ein sehr interessantes Land, wo man noch die Möglichkeit hat sich “Abseits der ausgetretenen Pfade“ wie man so schön sagt, zu bewegen.
Die frühe Abfahrtszeit hat einen Grund, denn ich möchte die Besichtigung des Itaipu-Staudamms, nach dem 3-Schluchten-Damm der grösste weltweit, nachholen. Die Fahrt dauert statt der angekündigten 5 mal wieder 6 Stunden und so scheidet die Variante mit dem Bus zum Besucherzentrum des Damms zu fahren aus. Ich hatte aber sowieso darauf spekuliert ein Taxi zu nehmen, da ich bei der Hitze ungern in einem Linienbus steigen möchte, wenn die nächste Dusche frühestens morgen um die Mittagszeit möglich ist. Der erste Taxifahrer besteht darauf, dass ich in US-Dollar bezahle, woraufhin ich im zu erklären versuche, dass ich kein Amerikaner bin und keine Lust habe Wechselgebühren zu zahlen, wenn ich Geld in der Landeswährung einstecken habe, was ich vor dem Grenzübertritt noch loswerden möchte. Auf der anderen Strassenseite ist es einfacher und sein Kollege bietet an für umgerechnet ca. 13 Euro mich zum Staudamm zu fahren, dort 1,5 Std. zu warten bis die Tour fertig ist und mich dann an die Grenze zu fahren, vamos!
Mein Fahrer wirkt ganz in Ordnung, aber ich schreibe mir trotzdem sein Kennzeichen auf, als ich meinen Rucksack im Kofferraum lasse. Zu Beginn der Tour, die komplett kostenlos ist, wird ein Film über den Bau und alles was mit dem Damm zusammenhängt gezeigt. Ich setze mich in den nur mässig gefüllten Kinosaal und plötzlich sitzt mein Fahrer neben mir. O.K., jetzt muss ich mir wenigstens keine Gedanken mehr machen, das meine schmutzigen Klamotten auf irgendeinem Stand kurz vor dem Grenzposten landen, aber hatte wie gesagt bei ihm sowieso ein gutes Gefühl.
Das Wasserkraftwerk, ein gemeinsames Projekt von Paraguay und Brasilien wurde zwischen 1975 und 1983 gebaut und bis 1991 auf 18 Einheiten erweitert. Die Stromerzeugung von 75 Billionen kWh pro Jahr deckt 78 % des Stromverbrauchs Paraguays und 26 % von Brasilien ab. Das Wasserbecken hat eine Fläche von 1350 Quadratkilometern, bei einer durchschnittlichen Breite von 7 km und einer Normal-Höhe von 220 m. Um die Grösse dieses Bauwerks und dessen Leistungsvermögen zu erfassen hier ein paar Vergleichswerte: Für Bau und Montage wurden 1.200.000 Zeichnungen gefertigt, was übereinandergelegt einem Gebäude mit 50 Stockwerken entspricht. Das Ausgrabungsvolumen entspricht mit 60.100.000 Kubikmetern das 8,5 fache des Eurotunnels und würde ausreichen um eine Lastwagenschlange von 128.000 km zu bilden, was eine dreifache Erdumrundung bedeutet. Alle 4 Tage wurde soviel Beton produziert, wie man für den Bau eines Stadions in grösse des Maracanas benötigt, am Ende wären es 210 Stadien gewesen. Der Eisen- und Stahlverbrauch würde für 380 Eifeltürme ausreichen. Als die Anzahl der Bauarbeiter den Höhepunkt erreichte, wurden in den Kantinen 1.400.000 Essen pro Monat ausgegeben, was ca. 3.000 kg Reis pro Mittagessen bedeutet. Vielleicht denkt der ein oder andere der mit mir in der Schule war, seit wann passt der denn bei Vorträgen so gut auf? Hat er nicht, aber es gibt dort eine Infobroschüre, und zwar in deutsch 🙂
Anschliessend geht es mit dem Bus zum Rande des Damms, von wo aus man sich über die gigantische Grösse und die Wassermassen, die dort durchfliessen ein Bild machen kann. Wie “weisse Türme“ schiessen das Wasser an der Stelle, wo es zurück in den Fluss gespült wird in die Höhe und bildet zusammen mit dem erscheinenden Regenbogen ein fantastisches Motiv. Wir fahren einmal unterhalb des Dammes entlang, wo man einen Blick auf die Turbinen hat und anschliessend oberhalb mit Blick auf das riesige Wasserbecken.
Ich lasse mich wie vereinbart an der Grenze absetzen und nachdem ich meine letzten Guarani zum Mittagessen ausgegeben habe, hole ich mir meine Aus- und Einreisestempel und fahre mit dem Bus nach Foz de Iguazu. Abends treffe ich mich noch mit Theresa, Steffi und André, die gerade auch zufällig in der Stadt sind und so wird die Wartezeit etwas kurzweiliger. Schön, dass wir hier nochmal (fast) alle zusammenkommen, denn in den ersten Monaten dieser Reise haben wir schon verdammt viel zusammen erlebt. Ich bin nun der erste für den das Abenteuer zu Ende geht und als ich kurz vor Mitternacht Richtung Flughafen aufbreche heisst es Abschied nehmen…